Donnerstag, 3. Mai 2012

Vorteil 98 – Nach dem Vorbild der Natur

Auszug aus dem Buch »Gradido – Natürliche Ökonomie des Lebens«


»Wir müssen die Natur nicht als unseren Feind betrachten, den es zu beherrschen und überwinden gilt, sondern wieder lernen, mit der Natur zu kooperieren. Sie hat eine viereinhalb Milliarden lange Erfahrung. Unsere ist wesentlich kürzer.«

– Hans-Peter Dürr 
Deutscher Physiker

Die Natur ist ein lebendiges Meisterwerk. Sie existiert bereits seit Milliarden von Jahren und bringt immer wieder Leben hervor. Dabei folgt sie universellen Gesetzen. Die Naturgesetze gelten für alle ohne Ausnahme. Wir haben die Wahl, sie entweder freiwillig zu beachten oder auf schmerzhafte Weise daran erinnert zu werden. Wenn wir lernen wollen, wie wir die Naturgesetze zu unser aller Wohl einsetzen können, dann sind wir gut beraten, die Natur zu beobachten und ihre Erfindungen als Vorbild zu nehmen. 

In der Technik ist diese Methodik schon lange unter dem Namen »Bionik« bekannt. Jeder Flugzeugbauer befasst sich mit dem Flug der Vögel, bevor er seinen »eisernen Vogel« in die Luft schickt. Bionik heißt also nicht, alles hundertprozentig zu kopieren. Im Gegensatz zu Vögeln flattern Flugzeuge bekanntlich nicht mit den Flügeln. Ihre Außenhülle besteht nicht aus Federn sondern aus Metall oder Kunststoff. Sie benötigen eine Start- und Landebahn, dafür können sie viel schneller fliegen, als Vögel. Mithilfe der Bionik werden also diejenigen Eigenschaften übertragen, die für den jeweiligen Zweck dienlich sind.

So ist es auch in der von uns entwickelten Wirtschafts-Bionik. Wir brauchen nicht alles zu kopieren, was es irgendwo in der Natur gibt. Wenn Kannibalismus nicht mit unserer Ethik vereinbar ist, dürfen wir das Modell »Fressen und gefressen werden« nicht in unser Wirtschaftsmodell übertragen. Stattdessen bietet uns die Natur passendere Modelle, wie Kooperation und Symbiose. 

Gleiches gilt für das »Überleben des Stärkeren«. In der Tierwelt ist die körperliche Stärke auf ein natürliches Maß begrenzt. Kein Tier hat die Möglichkeit, ganze Nationen oder gar die ganze Welt in Schutt und Asche zu legen. Kraft seiner technischen Entwicklung hat der Mensch diese Möglichkeit. Und in der Wirtschaft haben starke Unternehmen die Fähigkeit, alle schwächeren zu verdrängen und ihnen damit den Garaus zu machen. Es ist also geradezu fatal, dieses Modell auf zwischenmenschliche Verhaltensweisen zu übertragen. Weder in der Politik noch in der Wirtschaft darf das Gesetz des Stärkeren zur Anwendung kommen.

Ethik und Religionen haben uns ganz klare Vorgaben gemacht: »Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit« und »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« zum Beispiel. Welche Erfindungen der belebten Natur  wir in Politik und Wirtschaft übertragen, muss also zuvor nach ethischen Kriterien entschieden werden.

Naturgesetze müssen wir beachten, freiwillig oder unfreiwillig. Den Kreislauf von Werden und Vergehen können wir zwar leugnen und ständiges Wirtschaftswachstum fordern. Das Naturgesetz der Vergänglichkeit wird uns dann umso schmerzhafter treffen: in Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen, Armut, Kriegen bis hin zur Auslöschung der ganzen Menschheit. Doch wir können den Kreislauf des Lebens auch  freiwillig in unser Geld- und Wirtschaftssystem einbauen und weltweiten Wohlstand in Frieden und in Harmonie mit der Natur erreichen.

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