– Joytopia
Menschen sind in dieser Hinsicht nicht viel anders als
Tiere. Ein Mensch, der sich seinem Wesen entsprechend verhalten kann, blüht
auf. Denken Sie an den Vollblutmusiker. Seine Welt ist die Musik. Er liebt sie
über alles. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit greift er gerne zu seinem
Instrument um zu musizieren. Seine Gesprächsthemen drehen sich vorwiegend um
Musik. Die Musik ist sein Element.
Sperrt man ihn jedoch ein, zum Beispiel als Berufsmusiker in
ein Orchester, wo eine strenge Hierarchie herrscht und er seinen Dienst nach
Plan tun muss, kann es sein, dass sich seine Begeisterung für die Musik sehr
schnell legt. Er beginnt, »Dienst nach Vorschrift« zu machen, also nur noch
dann zu spielen, wenn er durch einen äußeren Zwang dazu angetrieben wird.
Was hat seine ursprüngliche Liebe zur Musik abgetötet? In
diesem einfachen und doch realitätsnahen Beispiel können wir vier Parameter als
»Liebes-Töter« ausmachen:
- Gefangenschaft
- Hierarchie
- zu viel Arbeit
- äußerer Zwang
Gefangenschaft
Liebe ist von Natur aus frei. Sie gibt sich gerne freiwillig
hin. Bringt man sie in Gefangenschaft, verwandelt sie sich in Prostitution.
Gefangenschaft darf nicht verwechselt werden mit einer freiwillig eingegangenen
Bindung. Freiwillige Bindungen erzeugen Verlässlichkeit und das Gefühl von
Sicherheit und Geborgenheit. Gefangenschaft beruht jedoch auf Zwang. Der
Gefangene sehnt sich nach Freiheit.
Hierarchie
Liebe kennt keine Hierarchien, keine Klassen, keine Kasten.
Das Gegenüber ist ein gleichwertiger Partner, dessen Andersartigkeit eine
Bereicherung darstellt und Bewunderung auslöst. Hierarchie dagegen ist oft
verbunden mit Sanktionen, für den Fall, dass man die Rangordnung nicht
respektiert. Wenn andere Sanktionen per Gesetz verboten sind, wird häufig
Mobbing angewendet.
Doch in bestimmten Fällen ist Hierarchie erforderlich.
Insbesondere bei Organisationsformen, die auf Befehlsstrukturen beruhen, allen
voran das Militär. Und auch bei anderen Unternehmungen, die ein präzises
Zusammenspiel aller Beteiligten erfordern, ist eine gewisse Hierarchie
unerlässlich. Verantwortung und Entscheidungsgewalt wird delegiert an Menschen,
die die erforderliche Kompetenz besitzen. Sofern Hierarchie auf echter
Kompetenz beruht, wird sie im Allgemeinen auch nicht als unangenehm empfunden.
Außerhalb des Dienstes sollte dann Gleichberechtigung herrschen.
Zu viel Arbeit
Selbst die schönste Beschäftigung wird zur unangenehmen
Pflicht, wenn sie zu viel wird. Klar, manchmal ist einfach viel zu tun. Und
wenn man den Sinn erkennt, schadet das der Liebe nicht. Doch wenn permanent zu
viel Arbeit getätigt werden muss und das womöglich auch noch unter Zeitdruck,
zehrt dies an der Gesundheit.
Äußerer Zwang
Wenn die Liebe als innere Motivation fehlt, muss äußerer
Zwang angewendet werden, um die mechanische Ausführung aufrecht zu erhalten.
Zwar kann ein gewisser Zwang über innere Blockaden hinweghelfen, doch sollte er
nicht zur Hauptantriebskraft werden.
»Alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift –
allein die Dosis macht, dass ein Ding' kein Gift ist.«
– Paracelsus
Keiner der Vier Parameter
ist nur gut oder nur schlecht. Auf das richtige Maß kommt es an. »Nur die Dosis
macht das Gift«, heißt es in der Heilkunde. Wie würde die richtige Dosierung
für unseren Vollblutmusiker aussehen? Dies ist natürlich von Mensch zu Mensch
verschieden, doch aus dem Vorangegangenen können wir bereits einige Schlüsse
ziehen.
Wenn er die Möglichkeit hat, sich freiwillig einem Orchester anzuschließen,
die Stelle also nicht ausschließlich aus dem Zwang heraus annimmt, seinen
Lebensunterhalt verdienen zu müssen, wird aus der Gefangenschaft eine freiwillige Bindung. Wenn in dem Orchester
die Positionen entsprechend den musikalischen und menschlichen Fähigkeiten
verteilt sind und unter den Musikern ein Klima der gegenseitigen Wertschätzung
herrscht, wird er die Hierarchie gerne als sinnvoll und notwendig anerkennen.
Insbesondere, wenn sich die Musiker außerhalb des Orchesterdienstes in einer
gleichberechtigten und wertschätzenden Haltung begegnen. Seine individuelle
Work-Life-Balance muss stimmen, also das passende Maß an Arbeits- und Freizeit.
Drei wesentliche Arbeitsbedingungen müssen für unseren
Musiker stimmen, damit ihm die Liebe zur Musik und seine innere Motivation
erhalten bleiben:
- freiwillige Bindung,
- kompetente Hierarchie und gegenseitige Wertschätzung,
- Work-Life-Balance.
Der Dienstplan ist dann nur noch ein sanfter äußerer Zwang,
der ihm ab und zu über die nur allzu menschlichen Blockaden hilft.
Selbstverständlich gibt es schon jetzt solche vorbildlichen Arbeitsbedingungen
in einigen Firmen. Und die wissen auch warum, denn gut motivierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital eines
Unternehmens.
Uns geht es darum, ideale Lebens- und Arbeitsbedingungen für
alle Menschen zu schaffen, und zwar weltweit. Damit dienen wir dem Dreifachen
Wohl: dem Wohl des Einzelnen, der ideale Lebens- und Arbeitsbedingungen genießt
– dem Wohl der Gemeinschaft, denn zufriedene Menschen heben das gemeinsame
Lebensgefühl aller – und dem Wohl des großen Ganzen, denn auch für das
»Unternehmen Freegaia« sind motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das
wichtigste Kapital.
Um für jeden Mensch
ideale Lebens- und Arbeitsbedingungen sicher zu stellen, müssen wir dafür
sorgen, dass jeder Mensch überhaupt erst einmal eine Arbeitsmöglichkeit erhält.
Diese gilt es dahingehend zu optimieren, dass sie seinen persönlichen
Idealvorstellungen möglichst nahe kommt. Hierfür haben wir das Konzept der Bedingungslosen Teilhabe entwickelt.
»Jeder hat das Recht – nicht die Pflicht – zur Bedingungslosen
Teilhabe. Teilhabe besteht aus Geben und Nehmen. Jeder Mensch hat also das
Recht, seinem Wesen entsprechend zum Gemeinwohl beizutragen.«
– Joytopia
Unabhängig von Alter, Gesundheitszustand, Geschlecht,
Hautfarbe, Nationalität, Religion, und Weltanschauung..., erhält jeder Mensch
die Möglichkeit, bis zu fünfzig Stunden pro Monat seinem Wesen entsprechend für
die Gemeinschaft tätig zu sein und sich damit ein Aktives Grundeinkommen von
zwanzig Gradido pro Stunde zu verdienen. Das aktive Grundeinkommen beträgt also
maximal tausend Gradido. Gradido heißt »Dank«. Die Gemeinschaft bedankt sich
also bei jedem ihrer aktiven Mitglieder: »Tausend Dank, weil Du bei uns bist!«.
Die Bedingungslose Teilhabe ist ein Recht und keine Pflicht. Wer seine Zeit
lieber anderweitig nutzen will, zum Beispiel um in der freien Wirtschaft zu
arbeiten, darf das gerne tun.
»Ob wir nun zum
Gemeinwohl beitragen oder in der freien Wirtschaft arbeiten oder beides – es
ist wie in der Natur: jeder beschäftigt sich seinem Wesen entsprechend. Wer
gerne Brot bäckt, bäckt Brot, wer gerne musiziert, macht Musik. Manche Bürger
üben mehrere Berufe aus, weil es ihnen Spaß macht, vielseitig zu sein. Wir tun,
was wir lieben, liefern beste Qualität und sind erfolgreich damit.«
– Joytopia
Ungewöhnlich beim Konzept der Bedingungslosen Teilhabe ist
die Tatsache, dass jeder das Recht dazu hat, also auch Kinder, Kranke und alte
Menschen. Ungewöhnlich vor allem auch deshalb, weil Kinderarbeit hierzulande
verboten ist. In den Dritte-Welt-Ländern werden Kinder unter unmenschlichen
Bedingungen in so genannten Sweatshops zur Kinderarbeit gezwungen. Dabei
stellen sie Produkte her, die bei uns verkauft werden dürfen. Welch
doppelzüngige Moral!
Doch es gibt auch Kinderarbeit, die sich sehr positiv auf
die Entwicklung der jungen Menschen auswirkt: Kinder, die in
Familienunternehmen aufwachsen, arbeiten meist von klein auf mit. Sie sind
normalerweise verantwortungsvoller, selbstbewusster und lebenstauglicher als
ihre Altersgenossen. Diese Qualitäten bleiben ihnen meist auch im
Erwachsenen-Leben erhalten.
Als Junge hatte ich mir gewünscht, möglichst bald arbeiten
gehen und Geld verdienen zu dürfen, wie mein Vater. Sobald es mir erlaubt
wurde, fing ich an, Prospekte für einen Lebensmittelmarkt auszutragen. Etwas
später gab ich anderen Schülern Nachhilfe in Mathematik. In den Schulferien
bemühte ich mich um Ferienjobs. Die Möglichkeit, eigenes Geld zu verdienen,
trug sehr zu meinem Selbstbewusstsein bei.
Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, die nicht die
Möglichkeit haben, ihr eigenes Geld zu verdienen, leiden oft an
Minderwertigkeitsgefühlen. Dabei geht es weniger um das Geld, sondern um das
Bewusstsein, ein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft zu sein, seinen Beitrag
leisten zu dürfen. So ist es auch zu verstehen, wenn Rentner, die ihr ganzes
Arbeitsleben lang für die Rente einbezahlt hatten, kurz nach ihrer
Pensionierung krank werden und sterben, weil sie nicht mehr das Gefühl haben,
gebraucht zu werden.
Bedingungslose Teilhabe bedeutet also, seinem Wesen
entsprechend zum Gemeinwohl beitragen zu dürfen. Die erste Frage lautet: was
machst du gerne, was kannst du, was möchtest du beitragen? Erst danach wird
geprüft, wie diese Fähigkeiten optimal für die Gemeinschaft eingesetzt werden
können.
Das kann bereits im Vorschulalter mit kindgerechten Aufgaben
beginnen und sich dann weiter entwickeln. Die Entwicklung des höchsten
Potenzials, seine ganz persönlichen Neigungen und Fähigkeiten zu entdecken und
seine Lebensaufgabe zu finden, erscheint uns als wichtig genug, um dieses Thema
als Hauptfach für die Schule zu empfehlen.
In der Übergangszeit werden auch Erwachsene dabei
Unterstützung brauchen. Viele haben inzwischen vergessen, was sie wirklich
wollen und was sie gerne tun. Sie hören ihre innere Stimme nicht mehr; sie
haben aufgehört, ihre inneren Sehnsüchte zu spüren, sich ihre Wünsche zu
erlauben und eigene Ziele zu setzen. Hier kann die Gemeinschaft mit geeigneten
Maßnahmen helfen. Es gibt schon heute sehr gute Methoden, sein volles Potenzial
zu entwickeln. Das kann auch in Gruppen geschehen.
Auch kranke Menschen haben meistens das Bedürfnis, gebraucht
zu werden und sich in die Gemeinschaft einzubringen. Und auch ihnen gilt es
gegebenenfalls Hilfestellung zu leisten. Im Idealfall wird dies ihre
Lebensqualität und sogar ihren Gesundheitszustand positiv beeinflussen.
Menschen mit Behinderungen haben oft ganz außergewöhnliche
Fähigkeiten. Kennen Sie die Brenzband? Das ist eine etwa fünfzehn-köpfige
Musik-Kapelle, die zum großen Teil aus Menschen mit Behinderungen besteht. Bei
ihren Konzerten bringen sie eine solche Sympathie und menschliche Wärme rüber,
dass es die reine Freude ist. Bei ihren zahlreichen Auftritten spielen sie
inzwischen auch bei politischen Anlässen und schaffen es dabei, die Menschen zu
Tränen zu rühren. Ihre Auslandstourneen reichen bis nach China, und vor ein
paar Jahren erhielten sie sogar einen Preis der UNESCO. Es ist sicher nicht nur
ihre Musik, die das Publikum berührt. Die Liebe und die Intensität, mit der
diese Musiker »mit Behinderung« bei der Sache sind, rührt einfach die Herzen
an.
Oder kennen Sie den Film Rainman, in dem Dustin Hofmann
einen autistischen Mann spielt, der seinem jüngeren Bruder, einem herzlosen
Geschäftsmann, wieder menschliche Gefühle beibringt?
Das sind nur zwei grundverschiedene Beispiele für die
außergewöhnlichen Qualitäten, die Menschen mit Behinderungen in unser Leben
bringen können. Stattdessen werden sie in unserer Gesellschaft leider häufig
weg gesperrt. Wie reich wird unser gemeinsames Leben werden, wenn auch sie die
Bedingungslose Teilhabe genießen um sich auf ihre ganz persönliche Weise in die
Gemeinschaft einbringen dürfen!
Wie wir sehen, können und wollen viel mehr Menschen ihren
Teil zum Gemeinwohl beitragen, als landläufig vermutet wird. Ihnen allen das
verbriefte Recht auf Bedingungslose Teilhabe zu geben (oder besser gesagt
zurückzugeben, denn in unserer Gesellschaft wurde es ihnen genommen), wird
unser aller Lebensqualität um ein Vielfaches anheben.
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