Sonntag, 30. Dezember 2012

Kapitel 1.2 – Konkurrenzkampf ist Krieg

Auszug aus dem Buch »Gradido – Natürliche Ökonomie des Lebens«


»Manchmal ist es nötig, sich daran zu erinnern, was Wettbewerb genau bedeutet. Wie Peter Rose, der schlicht gesagt hat: „Einer wird gewinnen und einer wird verlieren – und ich glaube daran, es ist besser, den anderen Kerl verlieren zu lassen.“«
– Ed Kittrell
am. Kommunikationsberater

Konkurrenzkampf beginnt bereits im Klassenzimmer. Wer später etwas werden will, sollte besser sein als der Durchschnitt. In meiner Schulzeit hatte man seinen Nebensitzer noch abschreiben lassen. Dieses kameradschaftliche Verhalten ist heutzutage selten. Der Schulkamerad ist zum Konkurrenten geworden.

Doch halt, hier muss ich mich korrigieren. Der Konkurrenzkampf ist in vielen Fällen entschieden, noch bevor die Kinder zur Schule gehen. Denn bereits die Herkunftsfamilie ist ausschlaggebend dafür, welche Laufbahn das Kind später einmal einschlagen wird. Wir haben eine Klassen-Gesellschaft. Ob das Kind später zur »Upper Class« gehört, zur Arbeiterklasse oder zu den Sozialhilfeempfängern, dafür sind die Weichen im Großen und Ganzen bereits von Geburt an gestellt. Es gibt zwar immer wieder Traumkarrieren, aber das sind nur ganz wenige.


»Wir leben in einem System, in dem man entweder Rad sein muss
oder unter die Räder gerät.« 
– Friedrich Nietzsche
Philosoph, staatenlos

Gehen wir nun einen Schritt weiter. Der immer härtere Konkurrenzkampf findet natürlich im Kleinen genauso statt, wie im Großen. Auf der Ebene der einzelnen Menschen bedeutet er immer weiter auseinanderklaffende Klassenunterschiede. Auf der Ebene der Unternehmen erleben wir einen immer härteren Verdrängungswettbewerb und feindliche Übernahmen. Die Großen fressen die Kleinen. Und auf der Ebene der Nationalstaaten zeigt sich der Konkurrenzkampf in Form von Kriegen (Wirtschaftskriege und bewaffnete Auseinandersetzungen). Die meisten Kriege werden zur Zeit geführt, entweder um Zugriff auf wichtige Ressourcen wie zum Beispiel Öl zu bekommen oder um die eigene Machtposition zu stärken.

»Wenn einer draußen den anderen nicht schlägt, weil er das Gefühl hat, er sollte Jesus spielen, wird er selbst geschlagen. Das ist eine ganz simple Wahrheit.«

  – Helmut O. Maucher
dt. Topmanager

Wer hierbei bis jetzt immer zu kurz gekommen ist, das ist die Natur. Doch das Maß ist inzwischen übervoll. Die Natur beginnt sich immer stärker zu wehren. Wir erleben dies in der Zunahme der Naturkatastrophen weltweit. Kein Ort auf der Erde ist mehr sicher. Und wer ebenfalls zu kurz kommt, das sind die »kleinen« Menschen. Sie hatten schon immer die Spiele der »Großen« auszubaden. Doch hüten wir uns auch hier vor Schuldzuweisungen! Auch die »Kleinen« haben ihren Teil zum großen Spiel beigetragen, und sei es nur, dass sie dieses Spiel bis jetzt mitgespielt haben.

Möglicherweise musste auch alles so kommen, damit die Menschheit in ihrer Evolution voranschreiten kann. Anders wäre es kaum erklärlich, dass die Natur so lange zugeschaut und sich nicht früher gewehrt hat. Wenn wir davon ausgehen, dass unser Universum und unsere Erde nicht durch Zufall entstanden sind, sondern dass sich hier ein höherer Plan offenbart, dann dürften auch die heutigen Zustände Teil dieses Planes sein. Um uns weiter zu entwickeln, müssen wir unsere Komfortzone verlassen. Bis jetzt verlassen die meisten Menschen erst dann ihre Komfortzone, wenn es beginnt, richtig weh zu tun. Wenn wir uns nicht freiwillig weiterentwickeln, wird ein uns liebender Schöpfer möglicherweise etwas nachhelfen müssen.

»Wer künftig nicht die Nummer eins oder zwei im Regal ist,
kann meist gleich wieder einpacken.« 
– Tim Crull
Chief Executive Officer Nestlé USA

Vor  einiger Zeit hörte ich einen interessanten Beitrag im Radio. Es wurde berichtet, dass drei große deutsche Automobilmarken im vergangenen Jahr Rekordgewinne eingefahren hätten. Dabei war Daimler an dritter Stelle. Anstatt sich über dieses gute Ergebnis zu freuen, kritisierten die Anleger die Geschäftsleitung dafür, dass es Daimler-Benz nicht gelungen war, auf den ersten Platz zu kommen.

Die Idee des Konkurrenzkampfs oder des Wettbewerbs beruht auf einer Illusion. Es wird suggeriert, dass jeder es schaffen kann, an die Spitze zu kommen. Dafür werden dann rührende Beispiele angeführt: Menschen, die  in ärmlichen Verhältnissen aufwuchsen, schaffen es durch persönlichen Einsatz und etwas Glück zum Millionär. Popstar, Schauspieler, Sportler, Internet-Milliardär, Industrieller... das Märchen des Tellerwäschers, der zum Millionär wird, ist immer noch sehr beliebt. Die wenigen Menschen, die dies geschafft haben, können wir fast an einer Hand abzählen. Die anderen sieben Milliarden passen dagegen nicht in die Hand. Der menschliche Verstand lässt sich ganz schön an der Nase herum führen. Unsere Industriegesellschaft ist ein Pyramidenspiel; ein Kartenhaus, das auf Konkurrenzkampf aufgebaut ist und auf die Lüge, jeder könne es schaffen, an die  Spitze zu kommen.

Und da jeder damit beschäftigt ist, sich und seine Familie zu ernähren, Karriere zu machen und ein Stückchen vom großen Reichtum abzubekommen, gönnen sich nur wenige Menschen Zeit, einen Schritt zurückzutreten um sich das ganze Spiel aus einer anderen Perspektive anzuschauen. Wer es dennoch tut, sollte vorsichtig sein, denn es könnte gefährlich werden! Wenn man erst einmal das Spiel durchschaut hat, fällt es möglicherweise schwer, weiterhin noch mitzuspielen.

Doch nach und nach wird alles offensichtlicher. Immer mehr Menschen erkennen, dass das alte Spiel nicht mehr funktionieren kann, und dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis das Kartenhaus zusammenfällt. Ein evolutionäres Zeitfenster beginnt sich zu öffnen: immer mehr Menschen merken, dass das Alte nicht mehr funktioniert, und suchen nach Lösungen. Und die gibt es! Zwar wurden wir über die Jahrtausende so an den Konkurrenzkampf gewöhnt, dass nun auch die Lösungswege miteinander konkurrieren. Schließlich kennen wir ja noch nichts anderes, und Kooperation will erst gelernt sein. Doch Dankbarkeit und Wertschätzung anderen Ideen und anders denkenden Menschen gegenüber wachsen beständig. Die guten Zeiten für »Weltverbesserer« haben begonnen.

Lasst uns nun noch eine Stufe tiefer gehen und fragen, welche Dogmen, Illusionen und Konzepte dazu geführt hatten, Geld durch Schulden zu schöpfen und dem Konkurrenzkampf einen so hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft einzuräumen.

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